Kleinod Christuskirche Neusorg

Kleinod Christuskirche Neusorg

Das kleine, schlichte Gebäude der Christuskirche in Neusorg lässt auf den ersten Blick nicht erahnen, dass es sich hierbei um ein Bauwerk von internationalem Rang handelt.

Kirchen im Baukastensystem

Sie ist eine sogenannte Diaspora-Kapelle und gehört zu den Notkirchen, die der Architekt Otto Bartning nach dem Zweiten Weltkrieg im Baukastensystem entwarf. Zu dieser Zeit nahm der auf Kirchenbau spezialisierte Architekt die Arbeit am Notkirchenprogramm für das Hilfswerk der Evangelischen Kirche auf. Es sollten schnell und kostengünstig Kirchen wieder aufgebaut werden. Rund 30 dieser Diaspora-Kapellen wurden zwischen 1950 und 1952 in ganz Deutschland errichtet. 

Architekt Otto Bartning

Der Architekt Otto Bartning (1883-1959) gehörte mit Walter Gropius zu den Begründern des Bauhauses in Weimar. Er ist einer der bedeutendsten Architekten des 20. Jahrhunderts und seine Raumschöpfungen im Bereich des protestantischen Kirchenbaus waren wegweisend. Mit seinen modernen Wohnungs- und Kirchenbauten wurde er ein wesentlicher Impulsgeber des Wiederaufbaus nach dem Zweiten Weltkrieg. Durch neue Formen und Materialien, aber auch durch die Betonung von Sicht- und Raumbeziehungen für sakrale Räume prägte Bartning die Baukultur der jungen Bundesrepublik.

Kirche im Nachkriegs-Deutschland

Überall in Deutschland, das nach dem zweiten Weltkrieg in Trümmern lag, waren Gotteshäuser zerstört. Überdies strömte eine große Zahl von Flüchtlingen evangelischer Konfession in traditionell katholische Gegenden und ließ sich dort nieder. Um dem überall spürbaren Mangel an Gotteshäusern zu begegnen, stellten der Weltrat der Kirchen, der Lutherische Weltbund, die Evangelical and Reformed Church (USA), die Presbyterian Church (USA) und das Hilfswerk der Evangelischen Kirchen der Schweiz Geldmittel zur Verfügung, mit denen das Hilfswerk der Evangelischen Kirchen in Deutschland behelfsmäßige Bauten als Notkirchen beschaffen sollte.

Kirchengemeinde Neusorg

Neusorg wurde 1950 zum eigenständigen Vikariat ernannt und im gleichen Jahr, am 19. November 1950, konnte auch die Christuskirche eingeweiht werden. Sie wurde schlüsselfertig an die Gemeinde übergeben. Bis dahin wurden die Gottesdienste in dem überwiegend katholischen Ort teilweise in einer Kantine oder in Privatwohnungen abgehalten. Bedingt durch die Ansiedlung ostdeutscher Familien nach 1945 erhöhte sich die Einwohnerzahl der evangelischen Bürger erheblich. Diese wollten jedoch eines nicht entbehren – ihr eigenes Gotteshaus. Die kleine Glocke, die bis heute die Gemeinde zum Gottesdienst ruft, ist mit einer Inschrift versehen „O Land Land Land höre des Herrn Wort“.

Christuskirche Neusorg

Die Christuskirche ist so konstruiert, dass sie nicht nur für Gottesdienste, sondern auch als Gemeindehaus verwendet werden kann. Der Altar kann verschlossen werden, und durch Klappläden im rückwärtigen Bereich ist ein ganzer Raum abtrennbar. Die 2007 neu gestaltete Außenanlage macht die am Waldrand liegende Kirche sichtbar, einladend und offen.

Ganz aus Holz gefertigt, bietet die denkmalgeschützte Kirche ca. 180 Personen Platz und besitzt noch heute das bauzeitliche Gestühl sowie große Teile der Erstausstattung. Sie ist somit gebauter Zeitzeuge für die frühe Nachkriegszeit in Bayern und gilt als eine der am besten erhaltenen Otto-Bartning-Kirchen.

Besuchen Sie doch einfach mal einen Gottesdienst in diesem Kleinod der kirchlichen Baukunst. Herzliche Einladung!